Archiv Arzneimittel

Bisphosphonat-assoziierte Kiefernekrose (BP-ONJ)

Definition: Eine Bisphosphonat-assoziierte Kiefernektrose (BP-ONJ) liegt vor, wenn die Trias

  • mehr als 8 Wochen freiliegender Kieferknochen
  • BP-Med. in der Anamnese und
  • keine Kopf-Hals-Radiatio in der Anamnese

zutrifft. (Marx RE 2003 [18]; Ruggiero S.L. et al. 2004 [19]; Ruggiero S.L. et al. 2009 [1])

Symptome: Das Leitsymptom der BP-ONJ ist der langfristig inspektorisch oder sondenalpatorisch freiliegende Kieferknochen. Weitere wichtige klinische Symptome können sein (Ruggiero S.L. et al. 2009 [1]):

  • Foetor ex ore
  • Zahnlockerung
  • Kieferkammfisteln
  • Schwellung (Ödem, Weichgewebeinduration, Fluktuation) und Exsudation

Therapie:

Konservative Therapie / Minimalinvasive Therapie: In Fallsammlungen und Nachbeobachtungen großer Patientenkollektive zeigten die rein konservative Therapie eine Heilungsrate von 23 % (Hoff AO et al. 2008 [34], LoE II/III) und die oberflächliche Abtragung nekrotischer Kieferkammeranteile ohne plastische Deckung in 82 % keine Heilung (Lazarovici TS et al. 2009 [50], LoE III).

Operative Therapie: Studien zum Outcome der operativen ONJ-Therapie mittels schonender, aber vollständiger Nekrosenentfernung (Kieferresektion) und sicherer, gut vaskularisierter plastischer Deckung zeigten auch bei langfristigen Nachkontrollen eine Wundheilungsrate von zirka 90 % (Stockmann P et al. 2010 [51], LoE III; Wilde F et al. 2010 [52], LoE III; Vescovi P et al. 2010 [53], LoE III).

Einteilung nach Risikoprofil anhand BP-Indikation und BP-Medikation:

Drei Kategorien - niedrig, mittel, hoch

1. niedriges Risikoprofil

  • BP-Indikation: primäre Osteoporose
  • BP-Medikation: oral (meist Alendronat) oder i.v. (z.B. Zoledronat 5 mg alle 12 Mo.)

Prävalenz: 0,1 %

  • BP-Medikation < 4 Jahre: 0,04 %
  • BP-Medikation > 4 Jahre: 0,21 %

(Lo JC et al. 2010, LoE III, (Alendronat) [2])

Bei kleineren Kollektiven sind für die primäre Osteoporose und orale BP-Medikationen (Alendronat) deutlich höhere ONJ-Ereignisraten (4 %) (Sedghizadeh PP et al. 2009, LoE III, [3]) beschrieben worden. Für die einmal jährliche i.v.-Applikation und kurzem follow-up (Zoledronat) sind niedrigere ONJ-Ereignisraten (Grbic JT et al. 2008, LoE II, [4]) beschrieben worden.

[Sondervotum 1 des DVO vom 07.04.2012: "Eine Kausalität einer ONJ-Entwicklung durch Antiresorptiva bei einer Osteoporosebehandlung lässt sich aus den bisherigen Studien nicht sicher ableiten, da Fälle von Kiefernekrosen auch ohne eine Exposition gegenüber Antiresorptiva beobachtet wurden."]

[Sondervotum 2 des DVO vom 07.04.2012: "Eine kumulative Zunahme der Inzidenz von Kiefernekrosen bei Antiresorptivatherapie aufgrund einer benignen Grunderkrankung lässt sich aus den derzeitigen Daten nicht ableiten."]

[...]

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie: "Bisphosphonat-assoziierte Kiefernekrosen [...]"; URL: www.awmf.org/leitlinien/detail/II/007-091.html [Stand: 15.04.2012]

Zurück